Justizverwaltungsvorschriften
Einrichtung der Gnadenstellen und die ehrenamtliche Mitwirkung von Rechtsanwälten bei der Bearbeitung von Gnadensachen
AV d. JM vom 9. Februar 1968 (3230 - III A. 3)
- JMBl. NRW S. 49 -
1) In jedem Landgerichtsbezirk wird eine Gnadenstelle eingerichtet, welche die Aufgaben der Gnadenstelle nach meiner AV über das Verfahren in Gnadensachen (Gnadenordnung für das Land Nordrhein-Westfalen) wahrnimmt. Sie führt die Bezeichnung "Die Gnadenstelle bei dem Landgericht ...". Organisatorisch wird die Gnadenstelle dem Landgericht angegliedert. (Fn 1)
2) Die Gnadenstellen werden von mir mit einem oder mehreren Gnadenbeauftragten auf die Dauer eines Geschäftsjahres besetzt.
3) Der Gnadenbeauftragte muss die Befähigung zum Richteramt haben und soll Inhaber einer Planstelle im Bereich der Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen sein. Er soll sich durch besondere Lebenserfahrung, Verständnis für die sozialen Belange des Verurteilten und Kenntnis der kriminalpolitischen Notwendigkeiten auszeichnen.
4) Sind für eine Gnadenstelle mehrere Gnadenbeauftragte bestellt worden, so vertreten sie sich gegenseitig. Ist eine Gnadenstelle nur mit einem Gnadenbeauftragten besetzt, so wird von mir ein ständiger Vertreter bestellt. Einen ständigen Vertreter bestelle ich auch, wenn die Gnadenstelle nur mit zwei Gnadenbeauftragten besetzt ist. In diesem Fall ist der ständige Vertreter aber nur dann zur Vertretung eines verhinderten Gnadenbeauftragten heranzuziehen, wenn die Verhinderung voraussichtlich länger als fünf Arbeitstage dauert. (Fn 1)
5) Zum 1. November eines jeden Jahres sehe ich Vorschlägen für die Besetzung der Gnadenstelle und für die Bestellung von ständigen Vertretern für das nächste Geschäftsjahr entgegen.
6) Für den Fall der tatsächlichen oder rechtlichen Verhinderung eines bei einer Gnadenstelle tätigen Gnadenbeauftragten oder seines ständigen Vertreters ermächtige ich die Landgerichtspräsidenten und die Leitenden Oberstaatsanwälte, im Bedarfsfall in wechselseitigem Einvernehmen einen zeitweiligen Vertreter zu bestellen. Ich bitte, mir über die Bestellung eines zeitweiligen Vertreters wegen tatsächlicher Verhinderung den Grund der Verhinderung, ihre voraussichtliche Dauer und ihre Erledigung zu berichten, wenn
a) bei der Bestellung des zeitweiligen Vertreters damit zu rechnen ist, dass die Verhinderung länger als einen Monat dauern wird, oder
b) sich die zeitweilige Vertretung nach Ablauf eines Monats noch nicht erledigt hat.
7) Die Gnadenbeauftragten werden bei der Bearbeitung von Gnadensachen als Organe der Justizverwaltung tätig. Sie unterstehen hinsichtlich des sachlichen Inhalts ihrer Verfügungen unmittelbar meiner Dienstaufsicht. Im übrigen wird die Dienstaufsicht wie bei anderen Justizverwaltungsangelegenheiten von den Dienstvorgesetzten der Gnadenbeauftragten ausgeübt.
8) Im Schriftverkehr fügt der Gnadenbeauftragte der Unterschrift seine Amtsbezeichnung und den Zusatz "als Gnadenbeauftragter" bei.
9) Mehrere Gnadenbeauftragte einer Gnadenstelle sind einander gleichgeordnet. Die Geschäftsverteilung unter ihnen wird durch den Landgerichtspräsidenten und den Leitenden Oberstaatsanwalt geregelt.
10) Gnadenbeauftragte, die an der Bearbeitung des Strafverfahrens beteiligt waren, sollen sich einer Tätigkeit in der Gnadensache enthalten und die Bearbeitung ihrem Vertreter überlassen.
1) Die Oberlandesgerichtspräsidenten ersuchen den Präsidenten der Rechtsanwaltskammer ihres Bezirks für jeden Landgerichtsbezirk um die Benennung einer genügenden Zahl von Rechtsanwälten, die zu einer ehrenamtlichen Mitwirkung bei der Bearbeitung der Gnadensachen bereit sind.
2) Eine Liste der von den Präsidenten der Rechtsanwaltskammern bezeichneten Rechtsanwälte bitte ich mir jeweils zum 1. November eines jeden Jahres für das nächste Geschäftsjahr vorzulegen.
3) Rechtsanwälte, die in dem voraufgegangenen Strafverfahren oder in der Gnadensache tätig geworden sind, dürfen zur Mitwirkung bei der Gnadensache nicht herangezogen werden.
Meine AV vom 1. Januar 1952 (JMBl. NRW S. 19) in der Fassung der AV vom 14. Dezember 1959 - 3230 - III A. 3 - (JMBl. NRW 1960 S., 7) hebe ich auf.
Fußnoten :
Fn1: Geändert durch AV d. JM v. 03.08.1970 (3230 - III A. 3) - JMBl. NRW S. 207 -