Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb
der Staatsanwaltschaft
(OrgStA)
AV d. JM vom 1. November 2023 (3262 – III. 5)
- JMBl. NRW S. 929 -

I.

Sitz und Bezeichnung der Behörden

 

Nr. 1

 

 (1) Die Staatsanwaltschaften bestehen am Sitz der Oberlandesgerichte und der Landgerichte. Sie führen die Bezeichnung: "Generalstaatsanwaltschaft ... (Ortsbezeichnung)", "Staatsanwaltschaft ... (Ortsbezeichnung)".

 

(2) Im Bedarfsfall können Zweigstellen einer Staatsanwaltschaft eingerichtet werden. Sie führen die Zusatzbezeichnung: "Zweigstelle ... (Ortsbezeichnung)".

 

Nr. 2

Bezeichnung der Behördenleiterinnen und Behördenleiter

 

(1) Die Leiterin oder der Leiter der Generalstaatsanwaltschaft führt die Bezeichnung:

"Die Generalstaatsanwältin in ... (Ortsbezeichnung)" oder "Der Generalstaatsanwalt in ... (Ortsbezeichnung)".

 

(2) Die Leiterin oder der Leiter der Staatsanwaltschaft führt die Bezeichnung:

"Die Leitende Oberstaatsanwältin in ... (Ortsbezeichnung)" oder "Der Leitende Oberstaatsanwalt in ... (Ortsbezeichnung)".

 

II.

Gliederung der Staatsanwaltschaften

 

Nr. 3

Geschäftsstellen

 

(1) Die Geschäftsstelle (§ 153 Absatz 1 GVG) erledigt alle Aufgaben, die ihr nach Rechts- und Verwaltungsvorschriften obliegen oder ihr im Interesse des Geschäftsbetriebs übertragen werden. Das Nähere regelt die Geschäftsstellenordnung (GStO).

 

(2) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Geschäftsstellen- und Schreibdienstes sollen in Service-Einheiten zusammengefasst werden, die für eine Abteilung oder für mehrere Abteilungen gebildet werden. Nach Möglichkeit soll auch der sonstige Unterstützungsbereich (z. B. Erfassung, Kosten, Normierung) einbezogen werden.

 

III.

Aufsicht, Leitung und Verantwortlichkeit

 

Nr. 4

Behördenleitung

 

(1) Zu den Aufgaben der Behördenleiterin oder des Behördenleiters gehören
insbesondere,

 

a)  die Dienstaufsicht über alle Behördenangehörigen zu führen,

b)  auf die Beachtung der Gesetze sowie der sonstigen Vorschriften und Anordnungen hinzuwirken,

c)  einen Geschäftsverteilungsplan nach Maßgabe der Nr. 15 aufzustellen und die Vertretung zu regeln,

d)  für die sachgemäße und rasche Erledigung und, soweit erforderlich, für eine einheitliche Behandlung der Geschäfte zu sorgen,

e)  sich über alle bedeutsamen Angelegenheiten, insbesondere über solche, in denen eine Berichtspflicht besteht, zu unterrichten und dafür Sorge zu tragen, dass in diesen Sachen wichtige Maßnahmen erst nach ihrer oder seiner Kenntnis getroffen werden,

f)  die Justizverwaltungssachen, insbesondere die Dienstaufsichtssachen, zu bearbeiten, sowie

g)  die Durchführung von Geschäftsprüfungen nach Maßgabe der Anordnung über Geschäftsprüfungen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften, bei der Fachhochschule für Rechtspflege und der Justizakademie des Landes Nordrhein-Westfalen sowie bei dem Ausbildungszentrum der Justiz Nordrhein-Westfalen (1401 – I D. 23) in der jeweils geltenden Fassung.

 

(2) Die Wahrnehmung der Geschäfte der Behördenleitung erfordert die Berücksichtigung der Erkenntnisse der Organisationslehre und der Prinzipien einer modernen Personalführung. Hierzu können insbesondere gehören

-  Mitarbeitergespräche und Dienstbesprechungen,

-  Förderung des Einsatzes moderner Informations- und Kommunikationstechnik und der Team- und Projektarbeit,

-  Stärkung des zielorientierten Arbeitens (Leitbild),

-  Hinwirken auf die Gleichstellung von Frauen und Männern sowie

-  Hinwirken auf Wirtschaftlichkeit und Kostenbewusstsein.

 

(3) Zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 Buchstaben c), d), f) und g) können Behördenangehörige herangezogen werden. Die Übertragung einzelner Geschäfte zur selbstständigen Erledigung ist insoweit zulässig.

 

Nr. 5

Vertretung

 

(1) Die Behördenleiterin oder der Behördenleiter regelt die Vertretung für die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter.

 

(2) Die Vertretung der Dezernentinnen und Dezernenten regeln die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter. Die Entscheidungsbefugnis der Behördenleiterin oder des Behördenleiters bleibt unberührt.

 

Nr. 6

Abteilungsleitung

 

(1) Die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter nehmen innerhalb ihrer Abteilungen die in Nr. 4 Absatz 1 Buchstaben a) bis e) bezeichneten Aufgaben war. Sie unterrichten die Behördenleiterin oder den Behördenleiter über alle bedeutsamen Angelegenheiten ihres Geschäftsbereiches. Nr. 4 Absatz 2 gilt entsprechend.

 

(2) Für Hauptabteilungsleiterinnen und Hauptabteilungsleiter gilt Absatz 1 entsprechend.

 

(3) Abweichend von der GStO kann die Leitung und Koordinierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Abteilung einer Abteilungsleiterin oder einem Abteilungsleiter übertragen werden. Die Eilanordnungsbefugnis der Geschäftsleiterin oder des Geschäftsleiters und die Koordinierungsaufgaben im Bereich der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger bleiben hiervon unberührt.

 

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 ist die Übertragung einzelner Geschäfte durch die Abteilungsleiterin oder den Abteilungsleiter an Angehörige der Abteilung zur selbstständigen Erledigung zulässig. Dies gilt nicht für die in Nr. 4 Absatz 1 Buchstaben a), b), d) und e) bezeichneten Aufgaben.

 

Nr. 7

Zweigstellenleitung

 

(1) Die Leiterin oder der Leiter einer Zweigstelle nimmt die zur Abteilungsleitung gehörenden Aufgaben wahr.

 

(2) Die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt kann mit Zustimmung des Justizministeriums der Zweigstellenleiterin oder dem Zweigstellenleiter weitergehende Befugnisse übertragen.

 

Nr. 8

Verantwortlichkeit der Dezernentinnen und Dezernenten

 

(1) Die Dezernentinnen und Dezernenten sind Organe der Rechtspflege. Sie sind verpflichtet, im Rahmen der Gesetze Straftaten zu verfolgen. Ihre Aufgabe ist es, den Sachverhalt objektiv aufzuklären. In der Erfüllung dieser Verpflichtung und dieser Aufgabe unterliegen sie dienstlichen Weisungen nur im Rahmen der durch die Gesetze, insbesondere der durch das Legalitätsprinzip gezogenen Grenzen.

 

(2) Innerhalb des ihnen zugewiesenen Geschäftsbereichs erledigen die Dezernentinnen und Dezernenten ihre Aufgaben grundsätzlich in eigener Verantwortung. Sie zeichnen alle Verfügungen und Schriftstücke, soweit nicht in den folgenden Vorschriften oder in sonstigen Anordnungen etwas anderes bestimmt ist.

 

(3) Die Dezernentinnen und Dezernenten unterrichten die Abteilungsleiterin oder den Abteilungsleiter unverzüglich über jeden wichtigen Vorgang in ihrem Geschäftsbereich.

 

(4) Die Dezernentinnen und Dezernenten sollen die moderne Informations- und Kommunikationstechnik nutzen.

 

IV.

Zeichnung

 

Nr. 9

Zeichnung durch die Behördenleiterin oder

den Behördenleiter

 

(1) Die Behördenleiterin oder der Behördenleiter zeichnet

 

a)  die Berichte an die übergeordneten Behörden mit Ausnahme der Berichte an die Generalstaatsanwaltschaft, die in Rechtssachen erstattet werden, um die Entscheidung des Oberlandesgerichts herbeizuführen,

b)  die Schreiben an oberste Bundes- und Landesbehörden sowie an die Generalbundesanwältin oder den Generalbundesanwalt mit Ausnahme der Revisionsübersendungsberichte,

c)  die abschließenden Verfügungen und Schriftstücke in Personal- und Justizverwaltungssachen einschließlich der Dienst- (Fach-)aufsichtssachen und der Disziplinarsachen,

d)  die Schreiben an ausländische Behörden,

e)  die ihr oder ihm durch Verwaltungsvorschrift vorbehaltenen Entscheidungen und

f)  die Verfügungen und Schriftstücke, deren Zeichnung sie oder er sich allgemein oder im Einzelfall vorbehalten hat.

 

(2) Eine teilweise Übertragung der Zeichnung nach Absatz 1 ist mit Zustimmung der Generalstaatsanwältin oder des Generalstaatsanwalts zulässig. In Sachen von geringerer Bedeutung kann ohne die Zustimmung nach Satz 1 eine abweichende Regelung im Einzelfall getroffen werden.

 

(3) Verfügungen und Schriftstücke, die die Behördenleiterin oder der Behördenleiter zeichnet, sind über die Abteilungsleiterin oder den Abteilungsleiter vorzulegen. Für Hauptabteilungsleiterinnen und Hauptabteilungsleiter gilt Satz 1 entsprechend.

 

Nr. 10

Zeichnung durch die Abteilungsleiterin

oder den Abteilungsleiter

 

(1) Die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter zeichnen die Verfügungen und Schriftstücke, deren Zeichnung ihnen durch die Behördenleitung übertragen worden ist. Im Einzelfall können sie sich die Zeichnung selbst vorbehalten. Die Sätze 1 und 2 gelten für Hauptabteilungsleiterinnen und Hauptabteilungsleiter entsprechend.

 

(2) Der Abteilungsleiterin oder dem Abteilungsleiter sind vor Abgang zur Billigung vorzulegen

 

a)  die abschließenden Verfügungen in Sachen, die nach § 74 Absatz 2 GVG zur Zuständigkeit der Strafkammer als Schwurgericht oder nach § 41 Absatz 1 Nr. 1 JGG zur Zuständigkeit der Jugendkammer gehören,

b)  die Schriftsätze, durch welche die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegt, begründet, beschränkt oder zurücknimmt,

c)  die abschließenden Verfügungen, durch die im Gnadenwege für die Vollstreckung

   (1) einer Maßregel der Besserung und Sicherung Aufschub oder Unterbrechung,

   (2) einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten Strafunterbrechung oder

   (3) einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten, wenn seit der Rechtskraft

   der Entscheidung mehr als sechs Monate verstrichen sind, Strafaufschub gewährt

   oder widerrufen wird,

d)  die abschließenden Verfügungen und Rechtsmittelerklärungen in politischen und Pressestrafsachen, in letzteren auch die Anträge auf Beschlagnahmen, soweit sie sich auf die gesamte Auflage oder Ausgabe eines Presseerzeugnisses beziehen,

e)  die Berichte an die Generalstaatsanwaltschaft, die in Rechtssachen erstattet werden, um die Entscheidung des Oberlandesgerichts herbeizuführen, mit Ausnahme der Revisionsübersendungsberichte und der Übersendungsberichte nach Rechtsbeschwerden (§ 79 OWiG),

f)  die Anträge der Staatsanwaltschaft auf Wiederaufnahme des Verfahrens und Erklärungen, die sich auf einen solchen Antrag beziehen,

g)  die Ablehnung der von einer anderen Staatsanwaltschaft erbetenen Übernahme eines Verfahrens und

h)  Berichte zur Herbeiführung einer Entscheidung gemäß § 10 Absatz 2 des StrEG.

 

Nr. 11

Zeichnung bei der Generalstaatsanwaltschaft

 

Die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt regelt die Zeichnungsbefugnisse innerhalb der Generalstaatsanwaltschaft.

 

Nr. 12

Art der Zeichnung

 

(1) Die Bediensteten der Staatsanwaltschaft führen im Schriftverkehr die Bezeichnung ihrer Behörde. Sie zeichnen - ohne den Hinweis auf ein Auftragsverhältnis - mit ihrem Namen und ihrer Dienstbezeichnung (Amtsbezeichnung).

 

(2) In Justizverwaltungssachen sowie in Gnadensachen führen die Behördenleiterinnen und die Behördenleiter statt der Behördenbezeichnung ihre Amtsbezeichnung. Sofern solche Angelegenheiten anderen zur selbstständigen Erledigung übertragen sind, zeichnen diese mit dem Zusatz "Im Auftrag" ("I. A."), die Vertreterin oder der Vertreter der Behördenleiterin oder des Behördenleiters gemäß Nr. 5 Absatz 1 und 2 mit dem Zusatz "In Vertretung" ("I. V.").

 

(3) Absatz 2 gilt auch bei Bescheiden nach § 172 StPO.

 

Nr. 13

Einarbeitungszeit

 

(1) Richterinnen und Richter auf Probe legen während der Einarbeitungszeit nach näherer Anweisung der Behördenleiterin oder des Behördenleiters die bearbeiteten Sachen zur Kenntnisnahme und Billigung vor. Die Vorlagepflicht soll in der Regel nicht weniger als drei Monate und nicht länger als sechs Monate dauern.

 

(2) Mit der regelmäßigen Wahrnehmung der Gegenzeichnung werden Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter oder besonders qualifizierte Dezernentinnen und Dezernenten betraut. Für eine angemessene Entlastung der Gegenzeichnerin oder des Gegenzeichners ist nach Möglichkeit Sorge zu tragen.

 

(3) Die Verpflichtung zur Vorlage kann ganz oder teilweise aufgehoben werden, wenn dies nach den Leistungen gerechtfertigt ist.

 

(4) Die Vorlagepflicht entfällt, wenn die Sache keinen Aufschub duldet und von der Vorlagepflicht befreite Dezernentinnen oder Dezernenten nicht erreichbar sind.

 

Nr. 14

Verleihung der Zeichnungsbefugnis einer Amtsanwältin

oder eines Amtsanwaltes

 

(1) Personen im Amtsanwaltsdienst mit der Befähigung zum Richteramt stehen die amtsanwaltlichen Zeichnungsbefugnisse zu.

 

(2) Haben Beamtinnen oder Beamte die Amtsanwaltsprüfung abgelegt, so werden ihnen die Zeichnungsbefugnisse einer Amtsanwältin oder eines Amtsanwaltes verliehen.

 

(3) Beamtinnen und Beamten im Amtsanwaltsdienst, die weder die Befähigung zum Richteramt erworben noch die Amtsanwaltsprüfung abgelegt haben, kann die Behördenleiterin oder der Behördenleiter nach einer Probezeit einzelne oder alle Zeichnungsbefugnisse einer Amtsanwältin oder eines Amtsanwaltes verleihen. Die Probezeit soll in der Regel nicht weniger als drei Monate und nicht mehr als ein Jahr betragen.

 

(4) Von der Probezeit kann ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn dies nach den Leistungen gerechtfertigt ist.

 

(5) Soweit Beamtinnen oder Beamte nicht zur Zeichnung befugt sind, legen sie während der Probezeit nach näherer Anweisung der Behördenleiterin oder des Behördenleiters die bearbeiteten Sachen zur Billigung oder Zeichnung vor.

 

(6) Bei einem Wechsel zu einer anderen Staatsanwaltschaft bleibt die Verleihung der Zeichnungsbefugnis wirksam. Das Recht des Widerrufs steht der Behördenleiterin oder dem Behördenleiter zu.

 

V.

Geschäftsverteilung und Sitzungsvertretung

 

Nr. 15

Geschäftsverteilungsplan

 

(1) Für jedes Kalenderjahr stellt die Behördenleiterin oder der Behördenleiter nach Beratung mit den Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern und je einer oder einem von den Abteilungsmitgliedern benannten Angehörigen jeder Abteilung einen Geschäftsverteilungsplan auf.

 

(2) Die Geschäfte werden grundsätzlich nach allgemeinen Gesichtspunkten verteilt. Dabei können Ermittlungsgruppen (Teams, Projekte) gebildet werden.

 

(3) Den Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern ist auch die Bearbeitung eines Dezernats zu übertragen, soweit der Umfang ihrer sonstigen Aufgaben dies zulässt.

 

(4) Der Geschäftsverteilungsplan ist dem Justizministerium bis zum 31. Januar jeden Jahres vorzulegen.

 

Nr. 16

Abweichungen vom Geschäftsverteilungsplan

 

(1) Die Behördenleiterin oder der Behördenleiter trifft im Einzelfall eine von dem Geschäftsverteilungsplan abweichende Regelung, wenn dies zu einer sachgerechten und zügigen Aufgabenerledigung erforderlich wird.

 

(2) Erweist sich, dass ein oder mehrere Verfahren in einem Dezernat nicht oder nicht zügig bearbeitet werden können, soll die Dezernentin oder der Dezernent von den sonstigen Dienstgeschäften entlastet werden. Ist dies nicht möglich, so wird die Bearbeitung einer/einem oder mehreren anderen Dezernentinnen/Dezernenten übertragen.

 

Nr. 17

Besondere Sachgebiete

 

(1) Angelegenheiten, deren Bearbeitung besondere Kenntnisse und Erfahrungen erfordert, sollen in bestimmten Dezernaten zusammengefasst werden. Namentlich kommen u. a. in Betracht

 

a)  Kapitalsachen,

b)  Wirtschaftsstrafsachen,

c)  Verfahren, die Organisierte Kriminalität betreffen,

d)  Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung,

e)  politische Strafsachen,

f)  Verfahren wegen Volksverhetzung oder Gewaltdarstellung,

g)  Verfahren wegen Verbreitung pornographischer oder sonstiger jugendgefährdender Schriften,

h)  Pressestrafsachen sowie

i)  Verfahren gegen Angehörige der Justiz und der rechtsberatenden Berufe.

 

(2) Insbesondere

 

a)  Verfahren, die häusliche Gewalt betreffen,

b)  Umweltschutzstrafsachen,

c)  Betäubungs- und Arzneimittelstrafsachen,

d)  Angelegenheiten des Verkehrs mit dem Ausland,

e)  Verkehrsstrafsachen,

f)  Verfahren wegen Straftaten zum Nachteil von älteren Menschen sowie

g)  Verfahren wegen Straftaten zum Nachteil von Amtsträgern, Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder Rettungskräften

 

können ebenfalls in bestimmten Dezernaten zusammengefasst werden. Dies gilt auch für besondere administrative Aufgaben (z. B. Generalien; Informations- und Kommunikationstechnik).

 

Nr. 17a

Sonderdezernate für Kriminalitätsschwerpunkte

 

Bei Bedarf können Verfahren mit Bezug zu einem örtlich oder aufgrund eines bestimmten Kreises von Beschuldigten klar abgrenzbaren Kriminalitätsschwerpunkt in Sonderdezernaten, etwa als Projekt „Staatsanwältin vor Ort“ oder „Staatsanwalt vor Ort“, zusammengefasst werden.

 

Nr. 18

Jugenddezernate

 

(1) Für Verfahren, die zur Zuständigkeit der Jugendgerichte gehören, sind Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte zu bestellen.

 

(2) In den Jugenddezernaten sollen auch Verfahren gegen Strafunmündige und die Jugendschutzsachen bearbeitet werden.

 

(3) Jugendsachen, die in die Zuständigkeit eines besonderen Sachgebiets fallen, werden im Jugenddezernat bearbeitet. Dies gilt nicht, wenn die Sonderdezernentin oder der Sonderdezernent ebenfalls nach Absatz 1 bestellt ist.

 

Nr. 19

Zuständigkeit der Amtsanwältinnen und Amtsanwälte

in Strafsachen

 

Den Amtsanwältinnen und Amtsanwälten können von den Strafsachen, für die das Amtsgericht - Strafrichterin oder Strafrichter - nach § 25 GVG zuständig ist, zur Bearbeitung übertragen werden:

 

a)  alle Vergehen, bei denen das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe sechs Monate beträgt,

b)  die folgenden Vergehen:

-  Hausfriedensbruch (§ 123 StGB),

-  Amtsanmaßung (§ 132 StGB),

-  Verletzung amtlicher Bekanntmachungen (§ 134 StGB),

-  Verstrickungs- und Siegelbruch (§ 136 StGB),

-  Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB), es sei denn, dass die Tat im Zusammenhang mit einer fahrlässigen Tötung oder einer Körperverletzung steht, bei der eine der in § 226 StGB bezeichneten Folgen eingetreten ist,

-  Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln (§ 145 StGB),

-  Verstoß gegen das Berufsverbot (§ 145c StGB),

-  Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung (§§ 185 bis 187 StGB), es sei denn, dass sich die Tat gegen eine der in § 194 Absatz 4 StGB bezeichneten politischen Körperschaften gerichtet hat,

-  Körperverletzung (§ 223 StGB), gefährliche Körperverletzung in den Fällen des § 224 Absatz 1 Nr. 2 und 4 StGB und fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB), es sei denn, dass eine der in § 226 StGB bezeichneten Folgen eingetreten ist,

-  Nötigung (§ 240 StGB) mit Ausnahme der Fälle des Absatzes 4,

-  Bedrohung (§ 241 StGB),

-  Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248b StGB),

-  Missbrauch von Ausweispapieren (§ 281 StGB),

-  Unbefugter Gebrauch von Pfandsachen (§ 290 StGB),

-  Gefährdung des Straßenverkehrs in den Fällen des § 315c Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a StGB, wenn sie nicht in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung oder einer Körperverletzung steht, bei der eine der in § 226 StGB bezeichneten Folgen eingetreten ist,

-  Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB),

-  Vollrausch (§ 323a StGB), sofern die Amtsanwältin oder der Amtsanwalt für die Verfolgung der im Rausch begangenen Tat zuständig wäre,

-  Gefährdung einer Entziehungskur (§ 323b StGB),

c)  die folgenden Vergehen, soweit der Wert der gestohlenen oder unterschlagenen Sachen oder der Schaden 2000 Euro nicht übersteigt:

-  Diebstahl (§ 242 StGB),

-  Diebstahl in den Fällen des § 243 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 StGB, wenn aus einem verschlossenen Kraftfahrzeug oder ein durch Schutzvorrichtungen gegen Wegnahme besonders gesichertes Fahrzeug gestohlen wird,

-  Unterschlagung (§ 246 StGB),

-  Entziehung elektrischer Energie (§ 248c StGB),

-  Betrug (§ 263 StGB) mit Ausnahme der Fälle des Absatzes 3,

-  Erschleichen von Leistungen (§ 265a StGB),

-  Sachbeschädigung (§ 303 StGB),

-  Gemeinschädliche Sachbeschädigung (§ 304 StGB),

-  Steuerhinterziehung (§ 370 Absatz 1, 2 und 4 der Abgabenordnung), soweit es sich um die Hinterziehung von Kraftfahrzeugsteuer handelt,

d)  die folgenden Vergehen, soweit die Amtsanwältin oder der Amtsanwalt für die Verfolgung der diesen zugrunde liegenden Vortat zuständig ist oder zuständig wäre:

-  Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB),

-  Falsche Verdächtigung (§ 164 StGB)

-  Begünstigung (§ 257 StGB),

-  Strafvereitelung (§ 258 StGB),

-  Hehlerei (§ 259 StGB),

-  fahrlässige Hehlerei von Edelmetallen und Edelsteinen (§ 148b der Gewerbeordnung),

e)  die Vergehen nach folgenden Nebengesetzen:

-  § 9 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger,

-  § 31 des Heimarbeitsgesetzes,

-  § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes,

-  §§ 21, 22, 22a des Straßenverkehrsgesetzes.

 

Nr. 20

Zuständigkeit der Amtsanwältinnen und der Amtsanwälte in Bußgeldsachen

 

(1) Ist die Amtsanwältin oder der Amtsanwalt für die Bearbeitung einer Straftat zuständig, so bearbeitet sie bzw. er auch Ordnungswidrigkeiten, die mit der Straftat zusammenhängen (§§ 40, 42 OWiG; Nr. 270 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren - RiStBV).

 

(2) Die Bearbeitung der Einspruchsverfahren nach den §§ 67 ff. OWiG werden der Amtsanwältin oder dem Amtsanwalt übertragen. Hiervon ausgenommen sind Bußgeldsachen aus besonderen Sachgebieten, die von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten bearbeitet werden.

 

(3) Die Befugnis der Behördenleiterin oder des Behördenleiters, eine von dieser Regelung abweichende Zuständigkeitsanordnung zu treffen, bleibt unberührt.

 

Nr. 21

Ausschluss der Zuständigkeit der
Amtsanwältinnen und Amtsanwälte

 

Die Amtsanwältinnen oder Amtsanwälte bearbeiten nicht:

 

a)  Verfahren wegen Straftaten von Jugendlichen oder Heranwachsenden,

b)  Verfahren, die militärische Straftaten zum Gegenstand haben,

c)  Verfahren gegen Personen, auf die das NATO-Truppenstatut mit den Zusatzvereinbarungen anzuwenden ist,

d)  politische Strafsachen und Pressestrafsachen,

e)  Verfahren, in denen mit der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 StGB, mit Ausnahme der Entziehung der Fahrerlaubnis, zu rechnen ist und

f)  Verfahren, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten bereiten oder aus sonstigen Gründen erhebliche Bedeutung haben.

 

Nr. 22

Ermittlungsgruppen

 

Werden Ermittlungsgruppen (Teams, Projekte) aus Staatsanwältinnen/Staatsanwälten und Amtsanwältinnen/Amtsanwälten gebildet, so finden die Nrn. 19 und 21 keine Anwendung.

 

Nr. 23

Sonderregelung

 

(1) Die Behördenleiterin oder der Behördenleiter kann in Einzelfällen auch andere Sachen von geringer Bedeutung, die in die Zuständigkeit des Amtsgerichts - Strafrichterin oder Strafrichter - nach § 25 GVG fallen, einer Amtsanwältin oder einem Amtsanwalt zur Bearbeitung zuweisen. Die Übertragung dieser Befugnis auf die Abteilungsleiterin oder den Abteilungsleiter ist zulässig.

 

(2) Die Behördenleiterin oder der Behördenleiter kann Amtsanwältinnen oder Amtsanwälte oder andere Bedienstete zur Unterstützung der sachbearbeitenden Staatsanwältinnen oder Staatsanwälte heranziehen.

 

(3) Die Befugnis, in Einzelfällen abweichend von Nr. 19 eine Staatsanwältin oder einen Staatsanwalt mit der Bearbeitung zu beauftragen (§ 145 GVG), bleibt unberührt.

 

Nr. 24

Sitzungsdienst

 

(1) Die Vertretung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung regelt die Behördenleiterin oder der Behördenleiter, bei einer Zweigstelle deren Leiterin oder Leiter. Die Vertretung soll möglichst der Verfasserin oder dem Verfasser der Anklage übertragen werden. Die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter sind zum Sitzungsdienst heranzuziehen, soweit der Umfang ihrer sonstigen Aufgaben dies zulässt.

 

(2) Amtsanwältinnen und Amtsanwälte vertreten die Anklage in der Hauptverhandlung bei dem Amtsgericht, soweit die Richterin oder der Richter als Strafrichter (§ 25 GVG) oder Jugendrichter (§ 39 JGG) tätig wird.

 

(3) Die Übertragung der Befugnis nach Absatz 1 Satz 1 ist zulässig.

 

Nr. 25

Inkrafttreten

 

Die Neufassung der Anordnung tritt mit Wirkung vom 1. November 2023 an die Stelle der Allgemeinen Verfügung des Ministeriums der Justiz vom 6. März 2020 (3262 – III. 5) – JMBl. NRW S. 93.