Erprobung von Richtern und Staatsanwälten
AV d. JM v. 19. Januar 1972 (2010 - I B. 61)
- JMBl. NW S. 37 -
in der Fassung vom 9. Oktober 2002
aufgehoben mit Datum zum 1. Juli 2005, gilt nur noch gemäß IX der AV vom 02.05.2005


I.

1.
Bei der Übertragung von Richterämtern mit höherem Endgrundgehalt bei den Landgerichten, den Verwaltungsgerichten, den Sozialgerichten mit Ausnahme der Ämter der weiteren aufsichtsführenden Richterinnen und Richter, den Oberlandesgerichten, dem Oberverwaltungsgericht, den Landesarbeitsgerichten und dem Landessozialgericht werden nur Bewerber berücksichtigt, die bei einem Oberlandesgericht (Zivil- oder Strafsenat), beim Oberverwaltungsgericht, bei einem Landesarbeitsgericht oder beim LAndessozialgericht erprobt worden sind (Fn 1).

Die Erprobung kann im Einzelfall ersetzt werden durch Bewährung nach der planmäßigen Anstellung als Mitarbeiter beim Bundesverfassungsgericht, bei einem obersten Bundesgericht, bei der Bundesanwaltschaft bei einem obersten Bundesgericht, bei dem Bundesjustizministerium, dem Landesjustizministerium oder der Staatskanzlei des Landes; für die Übertragung von Richterämtern mit höherem Endgrundgehalt im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit gilt dies auch bei einer Bewährung bei anderen obersten Bundes- und Landesbehörden. Die Erprobung bei einem Oberlandesgericht kann ferner durch eine Erprobung bei einer Generalstaatsanwaltschaft ersetzt werden.
Für die Arbeitsgerichtsbarkeit und die Sozialgerichtsbarkeit kommt auch eine Erprobung bei den für Arbeits- und Sozialordnung zuständigen Ministerien des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen in Betracht (Fn 1).

2.
Allen Richtern, die nach ihrer Eignung für die Übertragung eines in Nr. 1 genannten Amtes in Betracht kommen, ist Gelegenheit zur Erprobung zu geben; sie sollen in der Regel zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr zur Erprobung einberufen werden.

3.
Die Zeit der Erprobung soll in aller Regel sechs Monate, in Ausnahmefällen bis zu neun Monate dauern.

II.


1.
Die Gerichtspräsidenten benennen die für eine Erprobung in Betracht kommenden Richter dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts bzw. den Oberlandesgerichtspräsidenten zum 1. April und 1. Oktober eines jeden Jahres. Gleichzeitig unterrichten sie jeden vorgeschlagenen Richter über seine Benennung.

2.
Um eine umfassende Auswahl und die abschließende Entscheidung über die Einberufung zur Erprobung zu ermöglichen, sind auch diejenigen Richter zu benennen, deren Eignung zweifelhaft ist oder deren Erprobung vorübergehende Hindernisse (z. B. Krankheit oder dienstliche Unabkömmlichkeit) entgegenstehen. Das gleiche gilt, wenn ein Richter für eine Erprobung in Betracht kommt, hiermit aber nicht einverstanden ist.

3.
Bei der Benennung ist auf etwaige Bedenken oder Hinderungsgründe im Sinne von Nr. 2 hinzuweisen. Ist ein Richter mit der Erprobung nicht einverstanden, so ist in dem Bericht zu vermerken, dass er auf die Regelung des Abschnitts I Nr. 1 hingewiesen worden ist.

4.
Richtern bei den Amtsgerichten ist auf Antrag Gelegenheit zu geben, zur Vorbereitung der Erprobung in einer Kammer des Landgerichts als beisitzender Richter tätig zu werden.

III.

1.
Die Einberufung zur Erprobung und ihre Reihenfolge richten sich unter Berücksichtigung der in Abschnitt II Nr. 2 genannten Zielsetzung grundsätzlich nach der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung bei Beachtung von Dienst- und Lebensalter der zur Erprobung vorgeschlagenen Richter.

2.
Die Gründe für die Reihenfolge der Einberufung sind aktenkundig zu machen. Das gleiche gilt, wenn von der Einberufung eines zur Erprobung vorgeschlagenen Richters endgültig abgesehen wird.

3.
Die für eine Erprobung in Aussicht genommenen Richter sind über den voraussichtlichen Zeitpunkt ihrer Einberufung und ihre beabsichtigte Verwendung vorbehaltlich der Entscheidung des Präsidiums möglichst frühzeitig zu unterrichten.

IV.


1.
Spätestens drei Monate nach Beginn der Erprobung soll der Richter über den bisherigen Verlauf der Erprobung unterrichtet und auf etwaige Mängel hingewiesen werden.

2.
Ist die Erprobung aus anderen als fachlichen Gründen abgebrochen worden, so ist dem Richter sobald wie möglich Gelegenheit zu einer erneuten Erprobung zu geben. Anlass und Dauer des Hinderungsgrundes sind aktenkundig zu machen.

3.
Eine Erprobung, die aus fachlichen Gründen erfolglos geblieben ist, kann einmal wiederholt werden, wenn zwischenzeitlich eine erhebliche Leistungssteigerung des Richters festzustellen ist.

V.


1.
Nach Abschluß der Erprobung hat der Vorsitzende des Senats sich nach Aussprache mit den übrigen ordentlichen Senatsmitgliedern, die regelmäßig mit dem erprobten Richter an Beratungen teilgenommen haben, über den Richter in einem Leistungsbericht schriftlich zu äußern. Auf den Leistungsbericht sind die Grundsätze des Abschnitts III der AV vom 20. Januar 1972 betr. "Dienstliche Beurteilungen der Richter und Staatsanwälte" (2000 - I C. 155) - JMBl. NW S. 38 - entsprechend anzuwenden. Der Bericht ist mit der zu begründenden Feststellung abzuschließen, ob und in welchem Grade der Richter für ein Amt mit höherem Endgrundgehalt beim Landgericht und/oder Oberlandesgericht bzw. beim Verwaltungsgericht und/oder Oberverwaltungsgericht geeignet ist.

2.
Der Bericht ist in die nach Abschnitt I Nr. 1 b der unter Nr. 1 genannten AV zu erstellende dienstliche Beurteilung aufzunehmen.

VI.


Zum 1. Februar eines jeden Jahres ist mir nach folgendem Muster eine Übersicht aller Richter vorzulegen, die im abgelaufenen Kalenderjahr ihre Erprobung begonnen oder abgeschlossen haben:

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VII.


1.
Bei der Besetzung von Beförderungsstellen bei den Staatsanwaltschaften - mit Ausnahme der Stellen für Erste Staatsanwälte - und den Generalstaatsanwaltschaften werden nur Bewerber berücksichtigt, die bei einer Generalstaatsanwaltschaft erprobt worden sind. Die Erprobung bei einer Generalstaatsanwaltschaft kann ersetzt werden durch eine Erprobung bei einem Oberlandesgericht oder im Einzelfall durch Bewährung nach der planmäßigen Anstellung als Mitarbeiter beim Bundesverfassungsgericht, bei einem obersten Bundesgericht, bei der Bundesanwaltschaft bei einem obersten Bundesgericht, bei dem Bundesjustizministerium oder dem Landesjustizministerium.

2.
Auf die Erprobung von Staatsanwälten sind im übrigen die vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme des Abschnitts V entsprechend anzuwenden.

VIII.

1.
In der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit werden abweichend von Abschnitt II dieser RV in regelmäßigen Abständen mittels Ausschreibung durch die Präsidentinnen oder Präsidenten der Landesarbeitsgerichte und des Landessozialgerichts die Richterinnen und Richter festgestellt, die an einer Erprobung interessiert sind. Diese sind in einer Liste aufzuführen.

2.
Die Präsidentinnen oder Präsidenten der Landesarbeitsgerichte und des Landessozialgerichts entscheiden über die Einberufung zur Erprobung nach Beratung durch die Personalfindungskommission.

3.
Mit dem Beginn einer neuen Ausschreibung im Sinne von Nummer 1 sind die Bewerbungen verbraucht (Fn 1).



IX.

1.
Diese AV tritt am 15. Februar 1972 in Kraft. Zum selben Zeitpunkt wird die RV vom 22. November 1966 (2010 - I A. 61) aufgehoben.

2.
Die Regelungen betreffend die Erprobung von Richterinnen und Richtern in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit treten zum 1. November 2002 in Kraft. Zum selben Zeitpunkt werden die Regelungen in den Abschnitten III der Runderlasse d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 19. Dezember 1994 (I B 2 - 2003.A und I B 2 - 2003.S) aufgehoben (Fn 1).


Fußnoten :

   Fn1: Geändert durch AV d. JM vom 9. Oktober 2002 (2010 - I B. 61) - JMBl. NRW S. 238 -